Margret Parpart

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Zu den Bildern von Margret Parpart

Ludwig Zerull: Der bildhauerische Eingriff in den malerischen Prozess

Der englische Kunstkritiker David Sylvester hat Ende der 1970er Jahre nächtelange, aufschlussreiche Gespräche mit einem der großen Maler des letzten Jahrhunderts, mit Francis Bacon, geführt. Eine kleine Sequenz aus deren Aufzeichnungen beleuchtet hier den nie ganz klaren Übergang von abstrakter und figurativer Malerei. Bacon fragt Sylvester: "Sprechen Sie über abstrakte Malerei?" Sylvester : "Ja, aber auch über figurative." Bacon: "Aber es gibt doch die Bildvorstellung. Das Problem ist, wie geht man vor bei der Herstellung der Gestalt, wie bringt man es fertig, dass es real aussieht, wie macht man es real bezogen auf das Gefühl, das man von der Sache hat, oder real für den Instinkt? Ich hatte nie auch nur eine Sekunde das Gefühl, dass ich jemals Mangel an Bildern hatte, ich habe in der Beziehung Glück. Die Bilder tauchen einfach auf, als ob sie mir überreicht würden. Wirklich, ich halte mich für einen Bildermacher." Sylvester: "Und das Wunder des Malens?" Bacon: "Wenn man das Bild mit der wundersamen Hilfe der Farben machen kann - umso besser."

Margret Parpart ist zweifellos eine Künstlerin auf dem Hin- und Herweg zwischen dieser Abstraktion, die auch Bacon als Mal-Anlass einsetzte, und jener Gegenständlichkeit, die sich erst durch den emotionalen, vorangegangenen Mal-Akt entscheidet, wohin die Reise geht. Margret Parpart braucht erst den wenig kontrollierten, komplexen offenen Farb-Prozess, der sich ungehemmt auf der weißen Bildfläche ausbreiten kann, bevor sie eingreift. Das Spannende daran ist, dass man dadurch schließlich etwas zu sehen bekommt, was gegenständlich deutbar erscheint, aber nicht mit der sichtbaren Welt konkurriert, sondern im idealen Fall, wie Bacon das erwartet hat "real aussieht, real bezogen auf das Gefühl, das man von der Sache hat, oder real für den Instinkt." Keineswegs sieht die Bilderwelt von Margret Parpart aber realistisch aus.

Das bedeutet für den Weg ihrer Malerei, dass wir noch ahnen, was für expressive und informelle Farbbäder die Künstlerin zuvor auf der Leinwand ausgeführt hat. Sie spricht von diesem offenen Malprozess. "Ich arbeite so lange, bis eine malerische Dichte entsteht; bis das Bild funktioniert", sagt die Künstlerin und sie ergänzt dann, als ob dies das Einfachste wäre, "bis ich die Bildlogik entdeckt habe und das Bild sich von selbst fertig malt." Doch wenn die Farbe genug anbietet, reduziert sie dieses Angebot mehr und mehr, oft durch Übermalen mit weißer Fläche. Sie kontrolliert jedes Zuviel, bis der erst durch das vorherige Angebot der Farben sich zeigende Gegenstand Form gewinnt.

Malergebnisse sind dann benennbare Dinge wie das Wasser in verschiedenen Zuständen als Eisblock, Wolken, Wasserfall oder technoide Konstruktionen wie Fenster, Bleche, Bretter, ein Schrank oder ein Schlauchboot. In den Bildern von Margret Parpart haben sich nach den so verschiedenen Malprozessen, nach dem emotionalen, dem "findenden" und dem kontrollierenden dann Gegenstände und Situationen herausgebildet, die nicht eindeutig festlegbar, oft mehrdimensional oder aus verschiedenen Perspektiven zu sehen sind. Immer jedenfalls bergen und behalten ihre Bilder ein Geheimnis. Dieses Geheimnis wird auch wegen des Lichts von innen, wegen der Farbwelt unter der späteren Oberfläche bewahrt. Es sind dann keine realistischen Sujets entstanden, aber Bilder, denen die Künstlerin durchaus assoziative Titel geben konnte: Wehr im Wasser, Glasbaustein-Wand, Dusche, kleiner Bambus, Waschmaschine, Quallen, grüner Schirm, Silberhochzeit, Dachfirst mit Fenster, Böschung mit Pilzen, Matterhorn (und vieles mehr).

Margret Parpart hat in den 1980er Jahren an der Westberliner Hochschule der Künste vornehmlich Bildhauerei studiert. Seit 2000 malt sie fast ausschließlich. Und man hat den Eindruck, dass Margret Parparts Bilder bildhauerische Dimensionen aufweisen. Eine ganz eigene Seite dieser Malerei ist der "bildhauerische Eingriff", ihre Mehrdimensionalität, das Schweben von Objekten, der Einsatz weißer Flächen im Bild, der das Bild als Teil der Wand die Architektur des Raumes aufnehmen lässt. So ist das beispielsweise beim "Dachfirst mit Fenster" oder beim "Matterhorn". "Eine Arbeit ist fertig, wenn man sich an das Bild wieder erinnern kann", sagt Margret Parpart.

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